Sein lang ersehntes Album Nummer Zwei. Smith' Herz-Schmerz-Stimme intoniert weiter die schönsten Trennungsgeschichten. Liebesleid und Liebeslust haben hier viel Stil!
1, 2, 4 …
Was aussieht, wie eine mathematisch bedingte Zahlenfolge, ist die wohl kürzeste Formel, um das Phänomen Sam Smith zu belegen. Denn: Ein Album hat(te) Sam Smith bislang gerade mal veröffentlicht, danach zwei Jahre Kreativpause genutzt und doch stehen längst vier Oscars auf dem Kaminsims. Das wäre der Platz, wo wir - Sams britischer Herkunft nach - diese Trophäen vermuten.
Nun also Album Nummer Zwei, das zum landläufig als ‚grau‘ bezeichneten November das Licht der Welt erblickt. Smith nutzt aber kaum Grautöne. Seine Lyrics glühen weiter hell mit der von Fans geliebten Herzenswärme, die Vintage-Klänge des R&B und Soul der 60er mit heute verbindet.

Was traurig wirkt…
Dass Sam Smith maßgeblich traurige Lieder und Liebeslieder singt, ist keine Frage, sondern Fakt. Der ihn übrigens ab-so-lut nicht traurig macht. Bei Ellen de Generes scherzte er in der TV Show dazu: "Es ist verrückt, ein Album herauszubringen und nicht Single zu sein." Trauer und Beziehungsschmerz sind große Motoren für seine Songs, womit er nicht alleine steht…
Drama Queen und King Of Soul
Wäre Smiths neues Album rein von Traurigkeit ergriffen, würde es die Fans wohl auch nicht stören. The Thrill Of It All wendet sich aber mit feinen Nuancen einer gesunden Dynamik zu - unsere Anspieltipps zeigen die Bandbreite: "Wenn Du mich liebst, sag es zuerst", ist die frei übersetzte Botschaft des tollen Say it First.

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Loca-tag 'teaser_more_audio_sr' not found Hörprobe: Sam Smith - "Say it first"
Da geht es um Sams ganz schwache Seite: die Schüchternheit. Der Song kommt auf einem winterwarm und locker federnden Deephouse-Beat daher und gehört zu den besten Momenten des Albums. One Last Song klingt wie eine weitere starke Sam Smith-Single: aus R&B und Soul, der an die späten 50er und 60er erinnert, und doch absolut zeitgemäß wirkt (Rihannas Love On The Brain machte diesen Sound wieder massentauglich).

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Loca-tag 'teaser_more_audio_sr' not found Hörprobe: Sam Smith - "One Last Song"
One Last Song ist die coole Nummer, zu der man sich einen guten Wein öffnen möchte oder mit der oder dem Besten in einer guten Cocktailbar einen Abend verbringen will… Den altbekannten Topos des "Midnight Train" besingt Sam Smith wie viele zuvor. "I Love You So Much That I Have To Let You Go" ist hier die Message… Sam Smith rückt die dramatisch große Liebe in den Mittelpunkt dieser Geschichte, und die muss man eben manchmal gehen lassen.
Letting Go und Coming Out
Auf der Gospel-schweren Nummer Him schließlich entfacht Smith musikalisch großes Drama - hier geht es um das "Outing" eines jungen Manns beim Vater... Der Agentur dpa sagte Smith zu diesem Song: "Das Album mit Songs wie Him ist wichtig für mich, weil ich eine Stimme bin für junge Schwule. Und das will ich auch."
Smith selber betont im Interview, wie schwer das Coming Out sein kann:

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Loca-tag 'teaser_more_audio_sr' not found Sam Smith im Interview
„Coming Out ist eine total schwierige Sache, selbst wenn Du wie ich das Glück haben solltest, dass Deine Eltern relativ cool reagieren. So, wie es bei meinen war. Trotzdem ist es eben schwierig, das laut herauszusagen… Und es ist im Grunde ja lachhaft, dass Du das überhaupt machen und erklären MUSST!“
Das hr3-Fazit
Erhebend wirkt das Album trotz all seiner Melancholie und schweren, schmerzhaften Geschichten. Irgendwie scheint Sam Smith das für uns als HörerInnen mit zu verarbeiten, so dass man sich nicht alleine mit den Irren und Wirren des Herzens fühlt. Für den November, ob grau, ob golden, und darüber hinaus, ist Sam Smith ein Album gelungen, das seinem Titel Ehre macht. Und so geht nun die ‚Gleichung‘ 2-2-4 auch auf!
Sendung: hr3, "Die Kate Menzyk Show“, 03.11.2017, 15 Uhr